Das Kölner Wohnungspanel - Veränderungen in der Nachbarschaft

Informationen zum DFG-Projekt "Die Analyse von Veränderungen in der Nachbarschaft mit Hilfe eines Wohnungspanels in zwei Kölner Wohngebieten", Laufzeit Januar 2022- Juli 2024.

Was sind die Ziele des Forschungsprojekts?

Das Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn erforscht seit mehr als einem Jahrzehnt den Wandel der Kölner Stadtviertel Deutz und Mülheim. Nach vier vorangegangenen Befragungswellen zwischen 2010 und 2015 startete Anfang 2022 die fünfte Welle unter dem Projekttitel „Die Analyse von Veränderungen in der Nachbarschaft mit Hilfe eines Wohnungspanels in zwei Kölner Wohngebieten“. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Das Projekt zielt darauf ab, die Veränderungen in den Nachbarschaften in Köln-Deutz und Köln-Mülheim zu verstehen. Dabei wird insbesondere die Zufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner mit der Wohnung, der Nachbarschaft und dem Viertel erfragt. Ein wichtiges Ziel ist zu begreifen, wie sich die Nachbarschaften verändern, zum Beispiel in Bezug auf Mietkosten, und wie solche und andere Veränderungsprozesse wahrgenommen werden. Dazu fragen wir beispielsweise, was die Bewohnerinnen und Bewohner an ihrem Viertel gut finden und was sie stört, wie die Wohnungen ausgestattet sind, ob Modernisierungen vorgenommen wurden und wie die Nachbarschaft eingeschätzt wird. Mit den Ergebnissen können Stadtentwicklungsprozesse in Deutz und Mülheim, aber auch in Vierteln anderer Städte beschrieben, begleitet und verbessert werden.

Was ist ein Wohnungspanel?

In den Sozialwissenschaften wird als "Panel" eine Methode der Datenerhebung bezeichnet, bei der die gleichen Untersuchungseinheiten (z.B. Personen oder Betriebe) mehrere Male zu den gleichen Themen befragt werden, um Änderungen in den Einstellungen oder Lebensbedingungen zu erfassen. In unserer Untersuchung handelt es sich um ein Wohnungspanel, dessen Besonderheit es ist, dass die Untersuchungseinheiten Wohnungen sind. Befragt werden die aktuellen Bewohner/innen, diese fungieren quasi als "Sprecher/in" der Wohnung. Mit dem Wohnungspanel lässt sich genau zeigen, wie sich Nachbarschaften im Laufe der Zeit verändern: Wer zieht aus, wer zieht ein, wie stark steigen die Mieten, wo und wie werden Wohnungen modernisiert, wie entwickeln sich die Einstellungen der Bewohner/innen zum Viertel? 

Unser Wohnungspanel ist das erste seiner Art und untersucht die Veränderungen von zwei Nachbarschaften in Köln-Deutz und Köln-Mülheim seit 2010. Im Jahr 2010 wurden rund 1000 Wohnungen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und eine erwachsene Person, die dort lebte, befragt. Diese Wohnung wurde in mehreren Befragungswellen, also alle paar Jahre, erneut aufgesucht. Wenn eine bisher befragte Person in der Zwischenzeit ausgezogen war, wurde ihre Nachmieterin oder ihr Nachmieter befragt. Zusätzlich nahmen wir im Jahr 2022, bei der 5. Befragungswelle, etwa 1000 weitere Wohnungen in Köln und Mülheim neu in die Befragung auf.

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© Rebekka Atakan / Universität Bonn

Wie läuft die fünfte Panel-Welle ab?

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© Jan Üblacker

Das DFG-Projekt "Die Analyse von Veränderungen in der Nachbarschaft mit Hilfe eines Wohnungspanels in zwei Kölner Wohngebieten", in dessen Zentrum die fünfte Erhebungswelle steht, startete im Januar 2022.

Von Januar bis Mai 2022 wurden die Daten der zu Befragenden zusammengetragen und die Fragebögen aktualisiert. Um die Panelmortalität auszugleichen, hat eine dyadische Befragung stattgefunden, d.h. jeweils eine Nachbarwohnung der ursprünglichen Stichprobe wurde in das Panel aufgenommen. Diese Wohnungen sollten von Schnitt und Größe möglichst ähnlich sein, es wurden "statistische Zwillinge" auf der Ebene der Untersuchungseinheiten angestrebt. Des Weiteren wurden Neubauten, die seit 2010 in dem definierten Untersuchungsgebiet entstanden, in die fünfte Erhebungswelle aufgenommen. Fragebögen und Erhebungsdesign wurden in einem Workshop im Mai 2022 mit Forschenden aus der Stadtsoziologie diskutiert.

Um eine gute Vergleichbarkeit mit den vorherigen Wellen (siehe „Vorgeschichte und Projektverlauf“) zu gewährleisten, wurden die Daten erneut mit face-to-face Interviews erhoben. Von Juni bis Dezember 2022 sind mehr als 60 Interviewerinnen und Interviewer geschult und ins Feld geschickt worden, um die Befragungen in Köln-Deutz und Köln-Mülheim durchzuführen. Insgesamt befragten sie 915 Bewohnerinnen und Bewohner, von denen 488 in Wohnungen aus dem Panel, 395 in den „statistischen Zwillingen“ und 32 in Neubauten lebten. Damit wurde eine Ausschöpfung von rund 50 Prozent erreicht, denn auf die erfolgreichen Interviews kommen lediglich 547 Verweigerungen und 141 Ausfälle (Personen, die die Befragung nicht verweigert haben, sie aber beispielsweise aufgrund von chronischen Erkrankungen oder altersbedingt nicht durchführen konnten). Weitere 408  sind trotz mehrfacher Versuche der Interviewerinnen und Interviewer nicht  angetroffen worden, weshalb im Befragungszeitraum kein Interview stattfinden konnte.

Die Datenbereinigung und erste Analysen erfolgen ab Januar 2023. Vorläufige Ergebnisse werden in naher Zukunft auf dieser Website veröffentlicht.

Vorgeschichte und Projektverlauf

Das Projekt Wohnungspanel begann im Jahr 2010, als Prof. Jörg Blasius zusammen mit Prof. Jürgen Friedrichs mit Hilfe einer Förderung durch die DFG die erste Befragung durchführte. Die erste Feldphase mit etwas mehr als 1.000 realisierten face-to-face Interviews auf der Basis einer Zufallsstichprobe des statistischen Amtes der Stadt Köln fand im Spätsommer und Herbst 2010 statt. Die zweite Feldphase wurde im Sommer 2012 mit knapp 900 Interviews beendet, die dritte im Herbst 2013 mit gut 800 Interviews, die vierte Feldphase endete im Winter 2014 mit knapp 750 Interviews.

Zusätzlich zu den standardisierten Interviews wurden auch qualitative Daten erhoben, z.B. in Form von Textdokumenten und Experteninterviews. Zu diesem Projekt wurden ein Buch und eine Vielzahl von Artikeln veröffentlicht (siehe Publikationen), in denen u.a. Ausprägungen und der Verlauf von Gentrification-Prozessen in den Nachbarschaften, Lebensstile der Bewohnerinnen und Bewohner, das Image der Viertel, methodische Aspekte des Wohnungspanels, Raumwahrnehmung und andere Themen diskutiert wurden. Im Februar 2019 verstarb Jürgen Friedrichs nach kurzer schwerer Krankheit. Seit dem Sommer 2020 wird das Projekt von Prof. Jörg Blasius und Dr. Alice Barth fortgeführt.

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© Jan Üblacker
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
von links: Karo Estermann, Manuela Schmidt, Alice Barth, Jörg Blasius, Rebekka Atakan © privat

Projektteam

Projektleitung: Prof. Dr. Jörg Blasius und Dr. Alice Barth

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Rebekka Atakan M.A., Manuela Schmidt M.A.

Studentische Mitarbeiterin: Karo Estermann

Bisherige Publikationen aus dem Projekt

Friedrichs, Jürgen und Jörg Blasius (Hrsg.). 2016. Gentrifizierung in Köln. Opladen: Barbara Budrich Verlag.

Friedrichs, Jürgen und Jörg Blasius. 2015. The Dwelling Panel – A New Research Method for Studying Urban Change. In: Raumforschung und Raumordnung, 73, S. 377-388.

Blasius, Jörg, Jürgen Friedrichs und Heiko Rühl. 2016. Gentrifier and Pioneers in the Process of Gentrification. In: International Journal of Housing Policy, 16, S. 50-69.

Blasius, Jörg, Jürgen Friedrichs und Heiko Rühl. 2016. Gentrification in zwei Kölner Wohngebieten. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 68, S. 541-559.

Blasius, Jörg und Jürgen Friedrichs. 2016. Die Wahrnehmung der Gentrification durch die Bewohner. In: Gesellschaft, Wirtschaft, Politik – GWP, 65, S. 347-358.

Friedrichs, Jürgen und Jörg Blasius. 2020. Neighborhood Change – Results from a Dwelling Panel. In: Housing Studies, 35, S. 1723-1741.

Barth, Alice und Jörg Blasius. 2023. Assessing rental price dynamics in two gentrified neighbourhoods in Cologne by means of a dwelling panel. Survey Research Methods 17 (3), 395-410

Atakan, Rebekka (im Erscheinen). Dimensionen der Raumwahrnehmung. Eine relationale Analyse in Vierteln im Gentrifizierungsprozess. Psychologie und Gesellschaftskritik.

Blasius, Jörg und Jürgen Friedrichs. 2019. Changes of Lifestyles in the Social Space. In: Jörg Blasius, Frédéric Lebaron, Brigitte Le Roux und Andreas Schmitz (eds.), Empirical In-
vestigations of Social Space. Amsterdam: Springer International, S. 61-79.

Leßke, Felix und Jörg Blasius. 2021. Sozialer und physischer Raum – Die Wahrnehmung von zwei Wohngebieten in Köln. In: Sigurõur A. Rohloff und Gitta Scheller (Hrsg.), Habitus
und Geschmack in der Sozialen Arbeit. Weinheim: Beltz Juventa, S. 138-164.

Blasius, Jörg. 2021. Lebensstile, Akteure und Zuzugsmotive – Ergebnisse eines Wohnungspanels. In: Jan Glatter und Michael Mießner (Hrsg.), Gentrifizierung. Aktuelle
theoretische, methodische und politische Herausforderungen. Bielefeld: Transcript Verlag.

Blasius, Jörg & Barth, Alice. 2022. Quantitative Raum- und Quartiersbeobachtung, in: Baur, Nina & Blasius, Jörg (Hg.) Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung, Wiesbaden: Springer VS, S. 1653-1668.


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