Trauerbegleitung am Arbeitsplatz

Prof. Dr. Clemens Albrecht (Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie) und Prof. Dr. Michael Meyer-Blanck (Bonner evangelische Institut für berufsorientierte Religionspädagogik) kreierten für die Fächer „Soziologie“ und „Evangelische Theologie“ aufeinander bezogene Curricula, um interdisziplinär Kompetenzen zum professionellen Umgang mit Erfahrungen von Sterben, Tod und Trauer in der Arbeitswelt zu vermitteln. Das Projekt wird von der  „Stiftung Deutsche Bestattungskultur“ finanziell gefördert und hat das Branding der „Koordinierungsstelle für Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland“.

Projektkontext

Betriebe, Behörden, Schulen: alle Arten von Organisationen sind immer wieder mit dem Themenfeld von Sterben, Tod und Trauer konfrontiert. (Plötzliche) Todesfälle innerhalb des Organisationspersonals zählen hier ebenso dazu, wie auch Trauerfälle und persönliche Krisen im privaten Umfeld von Mitarbeitenden. Auch können Todesfälle Dritter von außen auf Organisationen einwirken und eine Reaktion erfordern. Trauer(begleitung) am Arbeitsplatz wird dann zur Herausforderung für Leitungspersonen, Personalabteilungen oder die Mitarbeitervertretungen. Das Projekt „Trauerbegleitung am Arbeitsplatz“ widmet sich diesem Problemfeld und erforscht die institutionellen Rahmungen, organisationalen Handlungsspielräume und persönlichen Erfahrungen im Kontext der Trauer am Arbeitsplatz mit interdisziplinärer Ausrichtung. Aus dem Projekt heraus wird den Studierenden die Möglichkeit geboten, im Rahmen der Masterstudiengänge Soziologie und Evangelischer Theologie eine zertifizierte Zusatzqualifikation zu erwerben, um für diese Krisensituationen in Organisationen beruflich tätig zu werden. Im Wahlbereich „Trauerbegleitung am Arbeitsplatz“ werden dazu Vorgehens- und Verfahrensweisen erprobt, die für die Implementierung von Trauerbegleitung und –beratung am Arbeitsplatz notwendig sind.
Der Wahlbereich ist mit zwei Modulen eingerichtet:
1. Modul: Trauerbegleitung in Organisationen mit Seminaren zur Thanatosoziologie und Praxis der Trauerbegleitung
2. Modul: Religionssensible Trauerbegleitung mit einem Seminar und einem Praktikum

Fakultativ kann außerdem eine Qualifizierung in Trauerbegleitung
nach den Standards des Bundesverbands Trauerbegleitung e.V. erfolgen.
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© Engelfried-Rave

Seminarleitung: Dr. Ursula Engelfried-Rave
 
Der Wahlbereich beginnt im Wintersemester mit zwei Seminaren im Themengebiet der Soziologie, zum einen zur „Thanatosoziologie“ und zum anderen zur „Praxis der Trauerbegleitung“. Gegenstand der Thanatosoziologie sind die Einordnung von Grundbegriffen wie soziales Sterben, Mortalität und Gesellschaft, die Darstellung der Sozialgeschichte des Todes, rechtliche Aspekte von Sterben, Tod und Bestattung, Hospizbewegung, Euthanasie, Sterbehilfe und Suizid. Im Seminar Praxis der Trauerbegleitung lernen die Studierenden Beispiele unterschiedlicher Organisationskulturen und –typen und die dortige Umsetzung von Trauerbegleitung kennen. Des Weiteren werden die Studierenden in verschiedene Trauertheorien, Trauerprozesse und -reaktionen sowie Trauer- und Bestattungsrituale eingeführt. Das Seminar wird mit einem Portfolio, das als Prüfungsleistung gilt, abgeschlossen.

Seminarleitung: Dr. Katharina Opalka

Nachdem die Studierenden im Wintersemester zunächst Kenntnisse über Thanatologie und Strukturen von Organisationen erwerben, arbeiten sie im Anschluss während des Sommersemesters zu Themen einer religionssensiblen Begegnung mit Trauernden am Arbeitsplatz. Die Studierenden reflektieren anthropologische und christologische Fragestellungen, Fragen der Theodizee, Formen des Gedenkens, Rituale und Hoffnungsbilder, sie befassen sich außerdem mit Spiritualität und Seelsorge angesichts von kultureller und religiöser Diversität. Als Experten für Gastvorträge konnten bisher u.a. gewonnen werden: Natalia Verzhbovska, Rabbinerin NRW, Naciye Kamcili-Yildiz, Religionspädagogin von der Universität Paderborn und Bhante Batuwangala Samiddhi, buddhistischer Theravad-Mönch vom Buddistischen Meditationszentrum, Bonn. Einblicke in seine Arbeit bot außerdem der Pfarrer und Notfallseelsorger Martin Autschbach. Auf besonderen Wunsch der Studierenden wurde auch das Thema Suizid bearbeitet. Nicole Nolden, Dozentin und Projektleiterin vom Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln, erörterte die Thematik unter dem Gesichtspunkt der Bedingungen in der Arbeitswelt. Ab dem SoSe 2021 wird der Kompetenzerwerb überdies durch eine Kooperation mit Marcell Feldberg von der Forschungsstelle Sepulkralmusik der Robert-Schumann Hochschule Düsseldorf bereichert.

Mit dem Ausscheiden von Frau Dr. Monika Marose Ende Juli 2021 wurde das Modul 2 im SoSe 2022 neu besetzt. 

Seminarleitung im SoSe 2022: Dr. Katharina Opalka  Email:  katharina.opalka@uni-bonn.de

Im Rahmen des theologischen Moduls absolvieren die Studierende außerdem Praktika in Unternehmen, Organisationen und Einrichtungen, die Menschen im Umgang mit Erfahrungen von Sterben, Tod und Trauer entweder professionell unterstützen oder aber Strukturen der Begleitung bereits in den Arbeitsalltag implementiert haben. Die Pandemie erschwerte zwar zwischenzeitlich die Durchführung der Praktika, einige Studenten hatten diese jedoch entweder bereits zuvor abgeleistet oder konnten sich auch mit Hilfe digitaler Medien einbringen. So unterstützte ein Student über drei Monate die Implementierung einer Trauerkultur bei einer großen privaten Krankenversicherung. Andere arbeiteten u.a. in lokalen Hospizen, in konfessionellen Einrichtungen der Alten- und Krankenpflege, in Kirchengemeinden, bei der Handwerkskammer Koblenz, der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V., dem Unternehmen Pütz-Roth, der AXA-Versicherung, der Stiftung Deutsche Bestattungskultur und auch an der Universität Bonn, um hier künftig eine Anlaufstelle für Studierende in existentiellen Notsituationen zu schaffen.

Seminarleitung: Eva Kersting, Trauerbegleiterin (BVT), Kunsttherapeutin und Bestatterin

Seit Februar 2020 besteht für die Studierenden ein zusätzliches, freiwilliges Angebot in welchem sie eine Qualifizierung in Trauerbegleitung absolvieren können. Lerninhalte sind Selbstwahrnehmung und die Reflexion der eigenen Sterblichkeit, der eigenen Trauer und der eigenen Belastbarkeit, Gesprächsführung mit Trauernden, Methoden der Trauerbegleitung, Selbstverständnis der Rolle als Trauerbegleiter/in. Zusätzlich erhalten die Studierenden Einblick in verschiedene Formen der Supervision. Während der Qualifizierung absolvieren die Studierenden 20 Trauergespräche, die auf zwei Klienten und jeweils 10 Gesprächstermine aufgeteilt sind. Die Qualifizierung rundet eine Hausarbeit zur Thematik ab.


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Kurzbeschreibung

Unsere Gesellschaft unterliegt nicht zuletzt durch den demographischen Wandel der Situation, dass jede mitarbeitende Person mindestens einmal im Verlauf ihres Berufslebens mit dem Tod im Unternehmen konfrontiert wird. Der Umgang mit Trauer und Verlust bildet eine Ausnahmesituation ab, es entstehen Unsicherheiten im direkten Umgang mit den trauernden Kolleg:innen und der eigenen Gefühlswelt. Die Forschungsarbeit hat zum Ziel, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden innerhalb der Unternehmen zu erfassen und die mit dem Trauerfall einhergehenden Veränderungen der Organisationskultur zu beleuchten.

Die Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden einerseits und die Sicherung der Produktivität durch Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit andererseits auch in der Situation von Tod und Trauer gut zu managen, ist dabei einer der spannendsten Aspekte.

Um die in der Theorie genannten Aspekte in Bezug zur Praxis zu setzen, werden teilnehmende Beobachtungen qualitativ ausgewertet sowie Expert:innen- Interviews mit betroffenen Personen sowie mit  Trauerbegleiter:innen innerhalb dieser empirischen Untersuchung hinzugezogen.

Laufzeit (geschätzt) von 03.2021 (empirische Feldarbeit hat durch meine Arbeit bereits zu einem früheren Zeitpunkt begonnen) bis 10.2023

Format Individualpromotion bei Herrn Prof. Dr. Albrecht in enger Zusammenarbeit mit Frau Dr. Engelfried-Rave

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